Berlin – einst Symbol des Aufbruchs, der Kreativität und der Subkultur – steht heute mehr denn je im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Wachstum und dem Erhalt seiner kulturellen Identität. Besonders spürbar wird dieser Konflikt in der Musikszene, wo sich Mainstream und Underground unversöhnlich gegenüberstehen. Die einst raue, ungeschliffene Hauptstadt entwickelt sich zunehmend zur „Stadt des Geldes“ – doch was bleibt dabei von den kulturellen Werten der Menschen und ihrer Musik?
Nach dem Fall der Mauer entstand in den leerstehenden Gebäuden Ost-Berlins eine lebendige Underground-Szene. Improvisierte Clubs wie das Tresor prägten eine neue Ära: Techno wurde zum Ausdruck von Freiheit, Gemeinschaft und Neuorientierung. Diese Ursprünge waren roh, unkommerziell und zutiefst menschlich – ein musikalischer Spiegel des damaligen Berlins.
Heute, über 30 Jahre später, hat die UNESCO die Berliner Techno-Kultur als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Ein Meilenstein, der der Szene zwar Legitimität und Zugang zu Fördermitteln verschafft, gleichzeitig aber auch Fragen aufwirft: Wird die ursprüngliche Subkultur damit institutionalisiert – oder sogar verwässert? Viele Szene-Veteran*innen sehen die Entwicklung mit gemischten Gefühlen.
Hinzu kommt der Druck der Gentrifizierung. Wo früher kreative Freiräume entstanden, drängen heute Investoren und steigende Mieten. Clubs und Kulturorte kämpfen ums Überleben, während neue, kommerzielle Projekte oft die Oberhand gewinnen. Der Spirit der Szene droht, vom wirtschaftlichen Interesse überrollt zu werden.
Berlin steht also vor einer entscheidenden Frage: Kann die Stadt ihren Ruf als kulturelles Epizentrum Europas bewahren – oder verliert sie sich im Glanz des globalen Marktes? Es geht um mehr als nur Musik. Es geht um Identität, um Raum für Anderssein, um Menschlichkeit in einer Zeit, in der alles kapitalisierbar scheint.
Wenn Berlin nicht nur eine Stadt des Geldes sein will, muss sie den Wert ihrer kulturellen Wurzeln wiederentdecken – und schützen. Nicht nur für die Techno-Szene, sondern für alle, die diese Stadt zu dem gemacht haben, was sie einmal war: ein Ort, an dem Kultur nicht nur verkauft, sondern gelebt wird.