Beim Winterhanfanbau wird Faserhanf nach einer frühräumenden Hauptfrucht wie zum Beispiel Gerste oder Ganzpflanzengetreide bis spätestens Ende Juli ausgesät. Bis zum Winteranfang baut die Pflanze noch einen üppigen Bestand auf, kommt aber in der Regel nicht mehr zur Blüte und stirbt dann beim ersten Frost ab. Die Ernte erfolgt im März des darauffolgenden Jahres.
Mit dem Konzept verbinden sich verschiedene Vorteile: Ökonomisch ist das Konzept interessant, weil der Hanf als Zwischenfrucht keine zusätzliche Fläche belegt und eine zweite Ernte ermöglicht. Diese fällt zwar mit zwei bis vier Tonnen deutlich geringer als beim Sommerhanf mit zehn (und im Ausnahmefall bis zu zwölf) Tonnen aus, stellt jedoch einen zusätzlichen Ertrag dar und konkurriert nicht mit anderen Hauptfrüchten. Daraus ergibt sich bei gleichem Aufwand wie für gängige Zwischenfrüchte ein zusätzlicher Beitrag zum landwirtschaftlichen Betriebseinkommen. Die Standröste über Winter ist schonend, vermeidet Schimmelbildung und erübrigt den beim Sommerhanf notwendigen Schritt der Feldröste. Der niedrigere Ertrag erklärt sich u.a. durch die geringere Aussaatstärke von rund 25 kg Saat/ha gegenüber etwa 50 kg Saat/ha beim Sommerhanf. (Ein kg Saatgut kostet zwischen fünf und acht EUR/kg).
Ökologisch und anbautechnisch interessant ist das Konzept, weil der Faserhanf über den Winter Stickstoff bindet und ihn vor der Auswaschung ins Grund- und Oberflächengewässer bewahrt. Er schützt durch die Bodenbedeckung vor Erosion und die Bestände bieten in Herbst und Winter Rückzugsräume für viele Wildtiere. Zur Aussaat empfiehlt es sich zu pflügen, um den Durchwuchs von Ausfallgetreide zu verhindern. Hat sich der Hanf dann einmal etabliert, benötigt er als schnellwachsende Pflanze keine Pflanzenschutzmittel. Nach der Ernte hinterlässt er mit seinen langen Pfahlwurzeln eine lockere Bodenstruktur für die Folgekultur.
In einem Projekt der Bergischen Universität Wuppertal wurde Winterhanf in einem Praxisversuch im direkten Vergleich mit Sommerhanf angebaut, geerntet und die Fasern auf ihre Qualität hin untersucht. Im Ergebnis waren die Fasern des Winterhanfs denen des Sommerhanfs bezüglich vieler mechanischer Eigenschaften ebenbürtig. Praktiker berichten auch von einer überlegenen Feinheit bei aufbereiteten elementaren Hanffasern aus Winterhanf, die das Spinnen feiner Garne ermögliche.
Wenn Winterhanf in der Fruchtfolge die Position einer Zwischenfrucht einnimmt, vermeidet das die Konkurrenz zu klassischen Ackerkulturen. Das ermöglicht es, ihn als Zwischenfrucht ökonomisch zu verwerten, ohne auf die positiven Eigenschaften einer Zwischenfrucht verzichten zu müssen.
Das sagt Michael Dickeduisberg vom Zentrum für nachwachsende Rohstoffe (ZNR) auf Haus Düsse in Bad Sassendorf bei Soest, dem Versuchs- und Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Aus den geernteten Fasern, die feiner als die von Sommerhanf sind, lassen sich hochqualitative Textilien ‚Made in Germany‘ herstellen.
Das Video wurde von der Deutschen Vernetzungsstelle Ländlicher Raum (DVS) produziert. Sie stellt ausgewählte Projekte vor, die im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft gefordert werden. Das Förderprogramm soll innovative Ideen in die Praxis bringen. Dabei sind Landwirte richtige Partner.
Das Projekt Winterhanf hat den wissenschaftlichen Ansatz ins Feld gebracht. Aus einer kleinen Projektgruppe im Raum Versmold hat sich der Anbau bundesweit ausgebreitet. Inzwischen gibt es Hanf-Anbauer vor allem in Bayern, aber auch in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder Mecklenburg.